
Cannabis
Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen zwei Kategorien von Samen; automatischen und photoperiodischen. Innerhalb dieser Kategorien haben wir es jeweils wiederum mit regulärem und feminisiertem Saatgut zu tun. Das wars. Eigentlich. Wie uns unsere tägliche Arbeit zeigt, wäre vielen schon geholfen, wenn ihr für diese vier Begriffe wenigstens eine grobe Definition hättet und hier sind wir nun.
Cannabis ist ursprünglich eine photoperiodische Pflanze, heißt in diesem Fall im Prinzip eine „Herbstblüherin“, also eine Pflanze, die blüht, wenn die Tage wieder kürzer werden.
Das heißt weiter, eine als „Photo“ deklarierte Pflanze wird so lange wachsen, wie sie mindestens 18 Stunden Licht bekommt und in die Blüte übergehen, wenn sie höchstens 12 Stunden Licht kriegt - in Deutschland, je nach Standort und Genetik, zwischen Mitte August und Mitte September.
Im Gegensatz dazu; die „Auto“. Dank einer Verwandten der Cannabis sativa, der Cannabis ruderalis, die ursprünglich vermutlich aus Zentralasien stammt und blüht, wenn ihr danach ist, war man in der Lage, diese Eigenschaft ins Cannabis zu kreuzen, was zu ertragsschwächeren Sorten mit höherer Resistenz und mehr Ernten im Jahr führte. Dadurch, dass die Auto im Prinzip das ganze Jahr über auf der Fensterbank zu Ergebnissen führen kann, gilt sie als einstiegsfreundlich - sobald das richtige Equipment vorhanden ist, stimmt das so jedoch nicht mehr.
Für gewöhnlich wird Cannabis-Saatgut „feminisiert“ vertrieben. Dies bedeutet, dass beim Herstellungsprozess Verfahren angewandt wurden, die sicherstellen, dass alle Samen potente Weibchen und keine wirkungslosen Männchen sind und sich der Zuchtaufwand am Ende auch lohnt. Bei „regulären“ wurde dieses Verfahren nicht angewandt, was nicht nur dazu führt, dass die darin enthaltenen Weibchen als „stabiler“ gelten, sondern du auch Männchen dazwischen haben kannst. Selten wirst du alle diese Angaben bei Saatgut auf den ersten Blick erfassen können, weil im umgangssprachlichen Alltag eine Bezeichnung völlig reicht.
Photo oder Foto
Soweit nicht anders angegeben, sind hierbei meistens feminisierte, immer aber photoperiodische Pflanzen gemeint.
Vorteil: volle Kontrolle über die Pflanze, da sie bei 18h Beleuchtung keine Blüte einleitet und bei 12h Dunkelheit garantiert losblüht.
Das bedeutet auch, dass diese Pflanzen zur Mutterpflanze taugen, also dazu, nie selbst zu blühen, sondern ständig für Stecklinge beschnitten zu werden.
Nachteil: ohne einen Growroom, also beispielsweise einem komplett lichtdichten Zelt und damit einhergehend sämtlichem Equipment, wie Licht Um- und Abluft, ist outdoor mit den Lichtverhältnissen der Natur grundsätzlich nur eine Ernte im Jahr möglich.
Auto(matic)s
Ohne weitere Angaben handelt es sich bei automatischen Pflanzen für gewöhnlich um feminisierte Exemplare.
Vorteile: Bei natürlich stark variierendem Ertrag kann die Auto das ganze Jahr über blühen und da ihr Dunkelphasen auch ziemlich egal sind, auch auf der Fensterbank im Wohnraum. Außerdem kann outdoor die volle Sommersonne mitgenommen werden und nicht nur das Herbstlicht.
Deswegen und weil Autos im Prinzip auch ohne Dünger durch die Blüte kommen, gelten sie als „einsteigerfreundlich“.
Nachteil: Automatics sind weder in Wuchs noch Verhalten direkt kontrollierbar (indirekt schon, aber anderes Thema). Zudem sind sie eher ertragsschwächer und im Zweifel von geringerer Wirkung (auch wenn moderne Züchtungen dieser Eigenschaften zunehmend Herr werden). Dem kann mit starkem Licht und Dünger entgegengewirkt werden, was bei Photos der gleichen Genetik OHNE Ruderalis allerdings auch wieder zu einer NOCH besseren Ausbeute führen würde und im Zelt aufgrund des abweichenden Wuchsverhaltens und Blüteverlaufs für Chaos sorgt.
Autos sollen nicht gedüngt werden?
Was uns immer wieder begegnet, ist der Irrglaube, dass Autos nicht gedüngt werden sollen, in einem besonderen Fall gar mit einer zornigen 2-Sternebewertung garniert, da wir ihm mit Dünger offenbar etwas unnötiges aufschwatzen wollten.
Das ist falsch. Autos müssen nicht gedüngt werden. Großer Unterschied.
Es stimmt; aufgrund ihrer bescheidenen Natur, brauchen sie nicht viel - liefern aber auch nicht viel. Wer eine wohlduftende Hecke zur Steigerung der Wohnraumqualität sucht, kann getrost auf jede Düngung verzichten, wer hingegen die Ernte massiv erhöhen will, düngt. Ja, erfahrene Growers sollten vielleicht nicht mit den EC Werten, mit denen sie ihre überzüchteten Turbogenetiken sonst durchballern, starten, sondern sich erstmal annähern, aber ansonsten gilt - gib ihr.
Reguläres Saatgut (Regs)
Sofern nicht besonders gekennzeichnet, handelt es sich bei regulärem Saatgut (regulars) eigentlich immer um photoperiodische Pflanzen. Regulars sind vor allem für Züchter und Züchterinnen interessant, da sie einerseits den manipulativen und im Zweifel genschädigenden Prozess des Feminisierens nicht durchlaufen haben und andererseits zur Hälfte aus Männchen bestehen können, was wiederum Kreuzungen und eine eigene Samenproduktion ermöglicht. Für CSCs und sehr große Haushalte sicherlich interessant; für deine drei Stellplätze empfehlen wir vor der statistischen Möglichkeit eines Leerlaufs aber klar feminisiertes Saatgut.
Feminisiertes Saatgut (Fems)
Das allermeiste Saatgut wird, wenn nicht gesondert angegeben, feminisiert an euch verkauft. Das garantiert, dass ihr am Ende ein potentes Weibchen mit ordentlich Hirneinschlag im Topf stehen habt.
Doch, Obacht; Cannabis kann unter besonderen Stresseinflüssen (Mangel, Trockenheit und (häufigste Ursache) Störung der Lichtphase) verzwittern, also männliche Blüten ausbilden und sich selbst befruchten worauf ihre Energie nicht mehr in Harz- und Terpenproduktion, sondern in Samen fließt. Die Stressresistenz gegen Verzwitterung nennen wir Stabilität.
Aus feminisiertem Saatgut können keine Stecklinge geschnitten werden?
Doch. Es stimmt; eine Möglichkeit, feminisiertes Saatgut zu erzeugen, besteht in der bewussten Verzwitterung eines Weibchens. Sich befruchtend produziert es Samen ohne männliches Erbgut, das sich durchsetzen könnte - und damit weiblich wird. Und ja; wenn dir das versehentlich passiert, weil dir eine Pflanze stressbedingt verzwittert ist, solltest du das Saatgut nicht verwenden, es ist vermutlich selbst nicht besonders stabil und wird dir weitere Grows durch Versamung versauen. Ja, es stimmt auch, dass reguläres Saatgut insgesamt eine höhere Stressresistenz aufweist was es zu einer besseren Grundlage für Züchtungen macht, dennoch kannst du von feminisierten auch Stecklinge schneiden, du kannst sie wurzeln lassen und growen, sie vor Stressfaktoren bewahren und gucken, was rumkommt. Am Ende enthält JEDER weibliche Samen die zufällige Möglichkeit eine legendäre Mutti zu werden.
Von Einsteigerfreundlichkeit
Der mit Abstand häufigste Irrglauben begegnet uns in dem fatalen Missverständnis, dass Automatics „einsteigerfreundlicher“ seien als Photos, was so nur unter einem gewissen Aspekt gilt: abseits eines Topfes mit Substrat braucht ihr nichts weiter für einen Grow, der in den allermeisten Fällen auch nicht viel bringen wird. Sobald ihr euch für indoor-Equipment entscheidet, sind Photos in allem einfacher, da sie frei beschneidbar sind, alle gleichzeitig in die Blüte gehen und du dich sklavisch Woche für Woche an das Düngeschema deines Lieblingsdüngers halten kannst, anstatt mithilfe deiner Erfahrungswerte ahnen zu müssen, wo die Pflanze gerade ist und was exakt sie in dieser Phase braucht.